Meine Motivation
Ich erinnere mich noch sehr gut an jene Zeit. Es war „Lockdown“! Erst vor kurzem hatte ich einen neuen Job begonnen, eigentlich ein schöner Neuanfang und doch brach so vieles in dieser Zeit zusammen. Keine Veranstaltungen, keine Beziehung, keine Ablenkung, nahezu keine persönlichen Kontakte. Plötzlich hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Vieles aus den letzten Jahren, das ich nicht verarbeitet hatte, kam hoch und ich konnte mich nicht ablenken, denn meine bisherigen Bewältigungsstrategien waren aufgrund der Kontaktbeschränkungen erloschen. Als Alternative stürzte ich mich in die Arbeit und den neuen Job. Als nur noch das Homeoffice möglich war, verbrachte ich manche Tage von früh bis spät im Büro. Unterbrochen nur von Mahlzeiten oder Toilettengängen. Ich versuchte etwas zu füllen was fehlte, etwas, das weggebrochen war. Nur hatte ich keine Vorstellung davon, was mir wirklich fehlte. Irgendwann kam der Zusammenbruch. Es ging nichts mehr, Garnichts. Ich konnte nicht mehr schlafen und auch das Aufstehen war nur nach endlosen Diskussionen mit mir selbst möglich und selbst Appetit hatte ich nicht mehr. Stundenlang habe ich auf dem Sofa gelegen und Löcher in die Decke gestarrt und ich konnte mit niemandem darüber reden.
Dann kam dieser eine Tag, an dem ich auf dem Weg zum Bäcker plötzlich aufschreckte, weil von links die Straßenbahn angeschossen kam. Ich wich zurück und nichts passierte, aber der Schrecken und die Erkenntnis, dass ich die Wahrnehmung für meine Umgebung komplett verloren hatte, hat mich zurück in die Realität geholt. Plötzlich dämmerte es mir; „Jetzt Julius ist es an der Zeit! Jetzt musst du etwas tun, sonst kommst du da nicht wieder raus! Ich begann etwas zu tun. Ich brachte all meinen Mut auf und teilte mich meinem engsten Umfeld mit. Was danach eintrat, habe ich nicht für möglich gehalten. Alle waren da, alle halfen, alle packten zu, hörten zu, päppelten mich auf, stießen mich unentwegt vorwärts auf dem Weg der Veränderung hin zu einer besseren, gesünderen Zukunft.
Ich habe damals Glück gehabt und viel Rückhalt. Dies gab mir die Kraft mutig zu sein, mutig für mich selbst zu sein, mutig den Weg der Veränderung einzuschlagen und den Neuanfang zu wagen.
Jetzt weiß ich, dass ich keinesfalls mit meinen Problemen, die ich damals hatte, alleine bin. Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen, Personen des öffentlichen Lebens bekennen sich offen dazu, dass es Ihnen schlecht ging oder noch immer geht. Es ist vermutlich auch normal, dass es in einem Leben Phasen gibt, in denen es einem nicht gut geht. Jedoch ist es nicht normal, dass diese Phasen nicht mehr weg gehen oder garschlimmer werden. Das Problem ist, wenn man einen gewissen Punkt erreicht hat, ist man kaum noch in der Lage selbst zu handeln. Ich hatte das große Glück, dass mein privates Umfeld mich nach meinem Zusammenbruch auffing und mich dort unterstütze, wo es notwendig war. Aber nicht jeder hat solch ein Glück und nicht jeder schafft es, sich Hilfe zu suchen.
Ich möchte, dass sich das ändert, dass keiner das Gefühl haben muss, alleine zu sein.
Ich möchte mutig sein und anderen zeigen, dass es manches Mal nur diesen einen Moment braucht, in dem man mutig sein muss, um einen Neuanfang zu wagen.
Das ist meine Motivation ein Mutmacher zu sein!